Boston – Tag 1

Schon wieder sitze ich im Flugzeug, diesmal allerdings von Montreal nach Toronto und immernoch hänge ich mit dem bloggen hinterher. Naja in Flugzeugen ist das Bloggen eine gute Möglichkeit, sich die Zeit zu vertreiben.


Nachdem ich am Vorabend erst spät in Boston angekommen war und noch mit einem Shuttle Bus und der U-Bahn zum Hostel fahren musste, bin ich relativ direkt schlafen gegangen. Das Hostel ist ganz nett. Ich bin in einem 6-Bett-Zimmer, welches allerdings keine Klimasnlage hat, was bei den momentanen Temperaturen doch etwas unangenehm ist. Dafür ist das Personal umso freundlicher. So nett wurde ich noch nie in einem Hostel empfangen.

Nachdem ich also aufgestanden war und das gratis Frühstück, das allerdings nur aus Toast, Marmelade, Cornflakes, Kaffee, Milch und Orangensaft bestand, in Anspruch genommen hatte, wollte ich die Stadt erkunden, nur irgendwie wusste ich überhaupt nicht, was ich mir ansehen sollte. Da ich im Wesentlichen nach Boston gekommen war, um mir das MIT und Harvard anzuschauen, hatte ich mich sonst nicht wirklich mit der Stadt beschäftigt. Ich schrieb also erst mal eine E-Mail an Prof. Weinheimer, der mir nach der Präsentation meiner Masterarbeit gesagt hatte, dass er einen Professor am MIT kennt, der mich eventuell en wenig herumführen könnte. Im Laufe des Tages kam dann auch eine E-Mail Korrespondenz zwischen mir und Prof. Formaggio vom MIT zustande und wir vereinbarten ein Treffen für morgen um 10:15 Uhr.

Weiterhin hatte ich im Hostel den Spielplan der Boston Red Sox entdeckt. Diese hatten heute und morgen ein Heimspiel gegen die Chicago White Sox. Irgendwie spielen die Mannschaften beim Baseball immer mehrere Male hintereinander gegeneinander, wahrscheinlich um die Reiserei zu minimieren. Da ich während meiner Zeit in den USA unbedingt ein Baseballspiel besuchen wollte, ging ich zum Ticketshop um die Ecke und kaufte mir eine Karte für 25 $.

So langsam aber sicher war dann auch mal Waschtag angesagt, also fragte ich im Hostel nach einer Reinigung. Man gab mir eine Adresse, die nur ein kurzes Stück entfernt lag. Also ging ich mit meinem Wäschsack dahin. Der Sack wurde gewogen. Er wog etwa 10 Pounds (was nicht das gleiche ist wie 10 Pfund, aber doch in etwa) und die Dame in der Reinigung sagte mir, dass die Reinigung der Sachen 10 $ kosten würde und ich um 17 Uhr wiederkommen sollte, um die Sachen abzuholen.

Um einen Überblick über die Stadt zu bekommen, entschied ich mich, eine Stadtrundfahrt zu machen. Im Hostel lagen mehrer Flyer von verschiedenen Anbietern. Also ging ich zum nächstgelegenen Stopp und stieg in einen Bus. Hier wollte ich mir eine Tageskarte für 26 $ kaufen, aber das Fahrer meinte, das könnte ich auch später noch an einem Ticketschalter machen. Also bin ich erstmal eingestiegen und mitgefahren. Alle Sehenswürdigkeiten auf dem Weg wurden erklärt und so habe ich zum ersten Mal den historischen Teil von Boston gesehen. Die jetzt folgenden Informationen sind allerdings ohne Gewähr, weil ich teilweise nicht richtig zugehört habe, bzw. den Fahrer aufgrund des Akzents evtl. nicht richtig verstanden habe. Wir fuhren z.B. durch die historische Nachbarschaft “Beacon Hill”, die das beste Wohnviertel von Boston darstellt. Überall gibt es wunderschöne, kleine Straßen mit kleinen Häusern, die noch weitgehend im Originalzustand erhalten sind. Damit das auch so bleibt, gibt es eine Behörde, die jede – und damit meine ich wirklich JEDE – Umbaumaßnahme an den Häusern genehmigen muss. In diesem Viertel kosten die Häuser trotz dieser Einschränkung zwischen drei und 30 Millionen Dollar. Hier wohnen dann Leute wie Ted Kennedy oder John Kerry, der ja mit einer aus der Heinz-Ketchup-Dynastie verheiratet ist und sich das deshalb locker leisten kann.

Im Stadtteil Cambridge, wo sich auch Harvard und das MIT befinden, bin ich dann erstmal ausgestiegen. Der Ticketverkäufer dort hat mich auch nicht wegen des fehlenden Tickets behelligt, also bin ich erstmal weggegangen und habe mir eine Mall in der Nähe angeschaut. Noch kein Riesending, aber größer als das Meiste, was man aus Deutschland kennt. Generell ist Cambridge ein sehr netter Stadteil. Rund um die beiden Eliteuniversitäten haben sich einige größere Unternehmen, insbesondere aus der Pharmabranche, angesiedelt, um um die sogenannten “High Potentials” zu werben. Das sind die Leute, die nach einem Eliteabschluss für nen Haufen Kohle ihr Privatleben verkaufen. Die habe dann auch gleich einen eigenen Stadtteil zum Wohnen dort, in dem die Wohnungen quasi unbezahlbar sind. Da ich mir diesen Stadtteilund das MIT jedoch morgen noch näher anschauen wollte, stieg ich in den nächsten Bus und setzte meine Stadtrundfahrt fort. Diesmal saß eine jüngere Frau am Steuer und ich wollte ein Ticket lösen, aber ihr Ticketdingen war kaputt und sie meinte, ich sollte einfach später irgendwo ein Ticket kaufen – moment, das kenn ich doch irgendwo her… Na gut, mach ich.

Die Stadtrundfahrt mir ihr war auf jeden Fall um einiges witziger als mit dem ersten Fahrer. Zudem sprach sie mit einem weniger starken Akzent, sodass ich alles verstehen konnte. Während der Fahrt fing es dann heftigst an zu gewittern. Sowas hab ich echt selten gesehn und vor allem gehört. Es hört sich schon sau cool an, wenn es direkt über der Stadt donnert und der Donner zwischen den Wolkenkratzern widerhallt. Weiterhin war es auch noch am Regnen wie aus Eimern und es liefen regelrechte Sturzbäche die Straßen herunter. Aussteigen hätte in diesem Fall bedeutet, innerhalb weniger Sekunden nass bis auf die Knochen zu sein. Also blieb ich noch eine Weile im Bus und lauschte den Erklärungen und Witzen der Fahrerin. Als wir am Hafen waren, meinte die Busfahrerin, hier gebe es eine kurze Pause und stieg aus. Da es aufgehört hatte zu regnen, verließ auch ich den Bus und da die Fahrerin nicht da war, konnte sie mich auch nicht am Ticketschalter verpetzen, also wieder umsonst gefahren…

Nachdem ich eine Weile am Hafen rumgelaufen war, befürchtete ich, dass es bald wieder anfangen würde zu regnenm außerdem hatte ich noch nicht die ganze Stadtrundfahrt gemacht und war noch ein ganzes Stück vom Hostel entfernt. Da die Haltestelle jedoch direkt neben einem Ticketschalter lag und ich bezweifelte, dass mich der nächste Fahrer auch wieder ohne Ticket fahren lassen würde, kaufte ich mir letztlich doch noch ein Tagesticket. Alleine für die Fahrt, die dann folgte, war es das aber schon Wert. Der Fahrer war ein älterer Herr, der wirklich viel zu erzählen hatte. Es wirkte zu keiner Zeit aufgesetzt, sondern einfach so, als wäre er wirklich von dieser Stadt begeistert. Er hatte wirklich zu jedem Haus und Ort eine interessante Geschichte parat. Zudem war er in der Lage, durch wirklich interessante und spannende Erzählungen, die Geschichte zum Leben zu erwecken (blöde Formulierung, war aber wirklich cool). Ich wusste zwar, dass Boston im Unabhängigkeitskrieg eine gewisse Rolle gespielt hat, habe aber echt noch einiges gelernt, auch was George Washingtons Rolle angeht. Da er sich in Boston natürlich mega gut auskannte, hat er gefragt, ob irgendjemand an den nächsten Haltestellen raus wollte und da das nicht der Fall war, hat er aufgrund des Feierabendverkehrs einfach mal die Route geändert und uns Orte (unter anderem auch den Campus des MIT) gezeigt, die gar nicht auf der Route liegen.

So fuhren wir z.B. auch über die Brücke, die direkt zum MIT Campus führt und man konnte überall Markierungen in der Einheit Smoot auf der Brücke sehen. Hierzu erzählte der Fahrer die Geschichte. Die Einheit Smoot ist aus einem Spaß einer Studentenverbindung entstanden, die ein Smoot nach der Größe von Oliver R. Smoot definierte, nachdem dieser der Verbindung beigetreten war. Ein Smoot entspricht 67 Zoll oder 1,7018 Meter. Daraufhin wurde die Brücke in dieser Maßeinheit vermessen und mit Markierungen versehen. Die Markierungen sind von der Bevölkerung akzeptiert und es wurde sogar von der Polizei befohlen, dass bei Renovierungsarbeiten an der Brücke darauf geachtet wird, die Markierungen zu erhalten. Die Markierungen werden jedes Jahr erneuert und jede Abschlussklasse setzt ihre eigene Markierung. Witzigerweise wurde Oliver R. Smoot später Präsident  des American National Standards InstituteANSI) sowie des internationalen Pendants, der Internationalen Organisation für Normung (ISO). (vgl. Wikipedia)

Nach der ganzen Stadtrundfahrerei war ich auch erst gegen 19 Uhr wieder am Hostel und habe es daher natürlich nicht geschafft, meine gewaschene Wäsche abzuholen aber was soll’s… Da mir Beacon Hill so got gefallen hat, beschloss ich zu Fuß dorthin zu gehen und noch ein weniger innerhalb dieses Stadtteils herumzulaufen und ein paar Fotos zu machen, bevor ich wieder zum Hostel zurückging. Dabei kam ich unter anderem auch am “Liberty Hotel” vorbei, dessen Name ich ganz witzig fand, da es früher mal ein Gefängnis war und man die Gitterstäbe auch gleich dran gelassen hat. Sah auf jeden Fall relativ teuer aus, d.h. also eigentlich ganz passend, denn wer es sich leisten kann dort zu übernachten hat doch wahrscheinlich eh Dreck am Stecken. 😉

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