Boston – Tag 2

Heute ging es wieder zurück zur Universität.


Nachdem ich zu einer unmenschlich frühen Uhrzeit (irgendwas um 8) aufgestanden war, waren erstmal Frühstück und einige Besorgungen angesagt. Ich holte meine Wäsche und das Ticket für das Baseballspiel ab. Nachdem ich die Sachen zurück zum Hostel gebracht hatte, machte ich mich auf den Weg zum MIT. Da die U-Bahn Station doch weiter vom Campus entfernt war als ich dachte und der Campus zudem einigermaßen verwirrend ist, kam ich natürlich erstmal fünf Minuten zu spät im Büro von Prof. Formaggio an – peinlich. Nachdem ich mich entschuldigt hatte, meinte er, dass es kein Problem sei und gab auch zu, dass es nicht ganz einfach ist den Weg zu finden. Nachdem er mich also wahrscheinlich für total dämlich hielt, setzte wir uns und unterhielten uns ein wenig. Er war wirklich super nett und total locker. Ich habe ihm erzählt, was ich in meiner Abschlussarbeit gemacht habe und er hat mir eine wenig von seiner aktuellen Forschung erzählt. Dann bot er mir an, mich ein wenig herumzuführen und mir die Labore zu zeigen. Ohne jetzt mit zu vielen Details langweilen zu wollen muss ich sagen, dass das wirklich sehr interessant war. So bekam ich also auch Zutritt zu bereichen, die man als einfacher Besucher nicht zu sehen bekommt. Z.B. hat er mir ein sehr altes Zyklotron gezeigt, von dem heute nur noch die starken Magneten zu Forschungszwecken eigesetzt werden. Auch die Labore für die Studentenpraktika hat er mir gezeigt und ich muss schon sagen, dass die wirklich gut ausgestattet waren. Als wir in die theoretische Physik kamen war ich ein wenig erschlagen von den Formeln, die auf den Tafeln auf den Fluren standen, aber das hab ich ja zum Glück hinter mir…

Neben der ganzen Forschungsgeschichte haben wir auch ein bisschen über das sonstige Leben am MIT geredet. So hat Prof. Formaggio mir z.B. erzählt, dass die Studiengebühren jährlich 35.000 $ betragen. Man kann aber beantragen nicht den vollen Satz zu bezahlen. Dann muss man seine Finanzen offenlegen und es wird errechnet, wie viel man bezahlen kann und der Rest wird einem erlassen. Er hat mir erzählt, dass er auch nur deswegen in der Lage war zu studieren und jetzt ist er Professor am MIT. Außerdem habe ich erfahren, dass das Verhältnis von Professoren zu Studenten ungefähr 1:5 beträgt. Was für traumhafte Zustände… Weiterhin haben wir noch kurz über die Finanzkrise gesprochen und wie sie die Eliteunis gebeutelt hat. Er wusste darüber sehr gut bescheid, denn alle Professoren vom MIT haben eine Woche lang Seminare an der Sloans School (bei den Finanzgurus vom MIT) besucht um sich die Ursachen und Auswirkungen der Krise anzuhören. Diese Finanzgurus waren auch einigermaßen in der Lage, die Verluste des MIT im Rahmen zu halten, so hat z.B. Harvard deutlich mehr Geld verloren. Ich hab ihm gesagt, dass ich das nur fair finde, da ja diejenigen die sich den ganzen Quatsch ausgedacht hätten immerhin größtenteils von der Harvard Business School kämen. Er hat dann eingewendet, dass auch ne Menge Physiker und Mathematiker beteiligt waren, die sich die ganzen Modelle ausgedacht haben. Nach ca. zwei Stunden war die Führung dann beendet und ich habe mich verabschiedet. Insgesamt super interessant und ein sehr entspannter und netter Professor, der sich echt Zeit für mich genommen hat.

Nachdem ich also die eine Eliteuniversität besucht hatte, wollte ich mir natürlich auch noch die andere ansehen. Der Campus von Harvard ist nur zwei U-Bahn-Stationen bzw. ungefähr 20 Minuten zu Fuß vom MIT entfernt. Da ich noch ein bisschen mehr von Cambridge sehen wollte, entschied ich micht, zu Fuß zu gehen. Cambridge ist echt schön. Zwischen den Universitäten hat sich ein Viertel mit netten kleinen Straßen, Geschäften und Bars entwickelt. Alles macht einen sauberen und gepflegten Eindruck. Je näher man an die Unis herankommt, umso studentischer wird es. Auf meinem Weg zum Harvard Campus kam ich am MIT Museum vorbei. Da der Eintritt für Studenten nur vier Dollar kostete, entschied ich mich, hineinzugehen. Es waren einige Forschungsbereich des MIT auf Stellwänden erklärt und es gab Ausstellungen mit Hologrammen, einigen mechanischen Maschine und eine Ausstellung zur Gletscherschmelze im Himalaya. Insgesamt schon irgendwie interessant, aber nicht allzu groß. Irgendwie hätte ich mehr erwartet. So hielt ich mich nicht mal eine Stunde dort auf, habe mir allerdings noch ein MIT T-Shirt gekauft, bevor ich gegangen bin (allerdings nicht das auf dem Foto).

So sehr mir das MIT auch gefallen hat, muss ich allerdings zugeben, dass Harvard was den Campus angeht klar die Nase vorn hat. Das MIT hat zwar ein von Frank Gehry entworfenes Gebäude, was auch dementsprechend abgefahren aussieht (irgendwie sind allerdings die Fotos davon verschwunden), aber auf dem Harvard Campus ist einfach alles super grün und es gint viele Bäume und schöne, alte Gebäude. Deswegen laufen dort wahrscheinlich auch ne Menge Touristen rum und es gibt geführte Touren und am MIT nicht. Auf dem Hauptcampus steht auch die Statue von John Harvard. Es soll Glück bringen, den Fuß zu berühren, was auch fast alle machen, deswegen sehen die auf den Fotos auch so blank aus. Hab ich natürlich auch gemacht und dann – richtig Händewaschen. Wurde sogar von nem Guide empfohlen. Dazu bin ich einfach mal ins naturwissenschaftliche Gebäude reinmarschiert und auf gut Glück in den dritten Stock gefahren – mathematisches Institut – passt! Da ich ja n Fuxx bin, waren die Toilletten da auch nicht so überlaufen wie im Foyer. Außerdem seh ich ja auch aus wie ein Harvard Student…

Dazu kurz abweichend: Gemäß des Sprichwortes: “When in Rome do as the Romans do” mache ich wohl irgendwas grundsätzlich richtig, oder falsch, je nachdem wie man das sehen will, denn ich werde echt ständig nach dem Weg oder sonst irgendwas gefragt, was man eigentlich nur als Einheimischer wissen kann. Leider muss ich dann natürlich öfters mal passen. Die New Yorker machen das anders, die sagen einem dann einfach irgendwas und man landet sonstwo. Richards (der Schwede, der in New York mit mir auf dem Zimmer war) Theorie dazu: Falls man nen Anzugträger fragt, erachtet der einen aufgrund des Aussehens nicht als Wert die richtige Information zu erhalten. Das ist diese “jeder kriegt das, was er verdient” Mentalität der Amerikaner und gibt einem deshalb – absichtlich oder unabsichtlich – die falsche Information. Diese Theorie bedarf allerdings noch weiterer Überprüfung.

Zurück zum Thema: Da ich ja quasi so einheimisch wirke habe ich mich auch erst mal auf einen der reichlich vorhandenen Stühle auf dem Rasen gechillt und wollte n bisschen im Netz surfen und siehe da: man brauch ne Harvard ID um sich da anzumelden, während es am MIT ein offenes WLAN gibt. Punkt fürs MIT. Durch die Fenster der abgeschlossenen Gebäude auf dem Campus habe ich gesehen, dass sogar einige Vorlesungen stattfanden, die können aber auch Teil der Summer School gewesen sein, da eigentlich Semesterferien sind. Die Professoren machten auf jeden Fall nicht so einen entspannten Eindruck wie Prof Formaggio. Wieder ein Punkt fürs MIT. Klarer Punktsieg fürs MIT also. Für Naturwissenschaftler und Ingenieure sowieso. Ich hatte ja das Naturwissenschaftsgebäude erwähnt, in dem sich alle Naturwissenschaften sowie Mathematik und Informatik befinden; am MIT nimmer alleine das Department of Nuclear Physics doppelt so viel Platz ein und nen kleinen Forschungsreaktor, mit dem die Studenten spielen dürfen, haben die auch noch. Ich muss allerdings zugeben, dass Harvard auch seine Seiten hat… Es gibt auch eine – nicht ganz so ernst gemeinte – Rivalität zwischen den beiden Hochschulen, bei dem sich im Wesentlichen die Studenten des MIT einen Spaß daraus machen, Harvard Streiche zu spielen. Es gibt auch ne Menge Sachen, die nicht gegen Harvard gerichtet sind. Einfach mal MIT Hack googlen…

Irgendwie verging die Zeit an den Unis doch ziemlich schnell – ganz im Gegensatz zu einigen meiner eigenen Vorlesungen. Tröstlich war allerdings der Blick in einen Harvard Hörsaal, in dem die Studenten mit auf die Hände gestützten Köpfen saßen und sich zu Tode zu langweilen schienen. Also doch überall das Gleiche, nur dass die dafür auch noch mehrere Zehntausend Dollar im Jahr zahlen. Auf jeden Fall war es schon relativ spät und ich machte mich mit der U-Bahn auf den Weg zum Hostel, um dort meine Sachen loszuwerden und dann lediglich mit meiner Kamera bewaffnet in den Fenway Park zum Baseballspiel zu gehen.

Irgendwie habe ich mich allerdings erst viel zu spät vom Hostel zum Stadion aufgemacht und es wunderte mich, dass noch so viele weitere Fans in der U-Bahn saßen, aber das scheint ganz normal zu sein. Ein Baseballspiel dauert neun Innings und viele gehen nach dem siebten oder kommern später. Ich kam zur Mitte des dritten Innings und immernoch gingen ne Menge Leute ins Stadion. Bald wusste ich auch warum: Beim Baseball passiert einfach mal GAR NICHTS. Es werden Bälle geschmissen und entweder trifft der Typ mit dem Knüppel und darf losrennen oder eben nicht und das war’s wirklich auch schon. Die Regeln sind so ähnlich wie beim Brennball und Tatik gibt es meiner Ansicht nach keine. Eingefleischte Baseballfans werden mich für diese Ansicht hassen, aber Baseball ist echt der langweiligste Sport, den ich je gesehen habe. Dementsprechend benehmen sich die Amis dann auch im Stadion. Sie trinken Bier, wahrscheinlich um das ganze erträglich zu machen, unterhalten sich und verfolgen das Spiel eher sekundär. Lediglich in den letzten Innings kommt bei einem knappen Spielstand ein wenig Stimmung auf. So war es auch dieses Mal, als Boston im letzten Inning mit einem Homerun das Spiel gedreht und gewonnen hat. Ach ja zum Bier: Braucht man zwar um das Spiel ertragen zu können, kostet aber 8,75 $, na dann mal Prost. Mit dem Fenway Park habe ich übrigens historischen Boden betreten, er ist nämlich mit 100 Jahren der älteste Ball Park in den USA. Er sollte schon mehrere Male renoviert und vergrößert werden, aber die Bostonians wollten ihn im ursprünglichen Zustand erhalten. Deswegen ist er mit 35.000 Plätzen auch relativ klein und die Tickets dementsprechend teuer.

Nach dem Spiel hatte ich die grandiose Idee, zu Fuß zum Hostel gegangen und bin einfach mal der Masse gefolgt, bis alle in irgendwelche Seitenstraßen abgebogen sind und ich einer nicht sehr vertrauenerweckenden Ecke von Boston stand und feststellen musste, dass ich keine Ahnung hatte, wo ich war. Also auf dem gleichen Weg zurück zum Stadion und in die andere Richtung, wo es dann auch in die Innenstadt ging. Auf meinem Weg habe ich ne supercoole Straße mit vielen Geschäften, Restaurants und Bars entdeckt, ich war aber auch froh, als ich dann doch die U-Bahn erreicht hatte und zurück zum Hostel fahren konnte. Dabei musste ich noch zwei U-Bahnen abwarten, weil die immernoch voll mit Fans waren, aber dann wurd’s leerer. Ist schon interessant mal so ein Baseballspiel zu sehen, allerdings eher das Verhalten der Amerikaner als das Spiel selbst, aber ich glaube ein Footballspiel fände ich interessanter. Wenn die Saison im September wieder losgeht werde ich mal versuchen noch eins zu sehen.

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