Toronto – Tag 4

Nachdem der Eintrag für den gestrigen Tag aufgrund des Mangels an Ereignissen ja relativ kurz ausgefallen ist, gibt es heute wieder Einiges zu erzählen.


Eigentlich hatte ich mich auf einen recht langweiligen Reisetag eingestellt, da mein sechsstündiger Flug nach Vancouver anstand, aber dann kam doch alles etwas anders als geplant.

Da mein Flug erst um 17 Uhr ging und ich mittlerweile wusste, dass man bei Inlandsflügen nicht so mega früh am Flughafen sein muss, wollte ich den Tag noch für ein bisschen Sightseeing nutzen. Zudem hatte ich die bekannteste Sehenswürdigkeit von Toronto, den CN Tower, noch nicht von innen gesehen. Ich machte mich also morgen auf den Weg in Richtung CN Tower. Da sich für die Fahrt zum Flughafen sowieso eine Tageskarte gelohnt hat, habe ich mir eine gekauft und da ich mittlerweile den öffentlichen Personennahverkehr innerhalb von Toronto halbwegs durchschaut hatte, erreichte ich mit dem Bus sogar grob die Gegend um den CN Tower, sodass ich mir ne ganze Menge Latscherei erspart habe.

Am CN Tower kann man dann zwischen der großen und der kleinen Tour wählen. Beide Touren beinhalten die Aussichtsplattform auf 350 Meter Höhe. Bei der großen Tour kann man sich noch ein weiteres Special aussuchen. Die meisten wählen hier die Fahrt in den Sky Pod, eine weitere Aussichtsplattform auf 450 Meter Höhe. Der ganze Turm ist im Übrigen circa 550 Meter hoch. Für den Sky Pod betrug die Wartezeit jedoch etwa zwei Stunden und da man auch auf 350 Meter Höhe bereits höher ist als jedes andere Gebäude der Stadt buchte ich die kleine Tour, die auch dementsprechend billiger war. Rückblickend würde ich jedoch empfehlen, ein Menü im Restaurant auf 350 Meter Höhe zu buchen, da im Menüpreis bereits die Aufzugfahrt auf diese Höhe enthalten ist und man dann zu einem fairen Preis noch ein  – der Karte nach – wirklich leckeres Mittagessen mit einer wahnsinns Aussicht erhält.

Ich bin also mit meinem Ticket in Richtung Aufzug marschiert und stand erstmal in einer Schlange, da man durch eine Art Nacktscanner (der aber keiner war) gehen musste und mit irgendeiner abgefahrene Ionentechnologie nach was auch immer durchsucht wurde. Danach ging jedoch zum Glück alles etwas zügiger, sodass man nicht einmal lange am Aufzug warten musste. Nach der Aufzugfahrt war mir dann auch klar warum nicht. Der Aufzug legt die 350 Höhenmeter in unter einer Minute zurück und da er aus Glas ist, sieht man, wie die Stadt langsam unter einem kleiner wird.

Oben angekommen sieht es glaube ich so aus wie auf so ziemlich jeder Aussichtsplattform der Welt: Ein Rundgang, von dem ein Teil für das Restaurant reserviert ist und halt ne Menge Fenster, aus denen man rausgucken kann. Die Aussicht war schon echt cool. Auch auf 350 Meter Höhe ist man deutlich höher als jedes andere Gebäude der Stadt, sodass ich mich gefreut habe, den Aufpreis für den Sky Pod gespart zu haben. Man kann auch noch eine Treppe runtergehen und gelangt dann zu einem Rundgang im Freien, von dem aus man allerdings keine so tolle Sicht hat, da überall Gitter angenbracht wird. Eine weitere ganz nette Sache ist der Glasboden in 350 Meter Höhe. Habe mich auch mal draufgestellt, fand das aber nicht so wahnsinnig spektakulär, man guckt halt 350 Meter nach unten und sieht dabei momentan nur eine Baustelle. Außerdem vertraue ich den Ingenieure ja ziemlich und der Boden ist dafür ausgelegt 14 Nashörner (oder vielleicht auch andere große, schwere Tiere) zu halten.

Was mich schon eher interessiert hätte wäre ein Ausflug auf eine andere Plattform gewesen. Diese befindet sich quasi auf dem Dach der Aussichtsplattform und es gibt keinerlei Geländer oder Ähnliches. Man kann sich direkt an den Rand stellen und runtergucken. Zugegebenermaßen trägt man ein Klettergeschirr und ist mit zwei Seilen an einer umlaufenden Schiene befestigt, aber ich glaube das macht trotzdem schon ziemlichen Spaß. Allerdings kostet der Spaß auch schmale 175 $ und das für eine halbe Stunde glaube ich und das war´s mir dann doch nicht Wert, da ich mich in den Rockie Mountains gratis an viel tiefere Abhänge stellen kann. Was ich aber doch irgendwie cool fand war, als die Leute sich rückwärts über den Rand der Plattform gelehnt haben und nur von den Seilen gehalten wurden. Das ist dann wahrscheinlich doch schon ein ziemlicher Nervenkitzel.

Nachdem ich mich eine Weile oben aufgehalten hatte, habe ich den Aufzug nach unten genommen und den Turm verlassen. Es war bereits kurz vor 13 Uhr, aber ich dachte ich hätte noch massenhaft Zeit um zum Flughafen zu kommen. Außerdem hatte man mir im Hostel erzählt, dass es auch Führungen durch die Brauerei gibt, in der ich bereits gewesen war. Also ging ich rüber, um mich für eine Führung anzumelden. Die nächste Führung sollte um 13:30 Uhr beginnen und circa eine halbe Stunde dauern. Für 10 $ bekam man die Führung, ein Gratisbier während der Führung und konnte sich danach entscheiden, ob man einen Flaschenöffner oder ein Glas haben will. Das fand ich nen fairen Preis. Also habe ich mich für die Führung angemeldet und vorher natürlich noch eine Gratisprobe getrunken.

Unsere Führung wurde von einem jungen Engländer geleitet, der echt super witzig war und ein bisschen was über die Geschichte der Brauerei und das Bierbrauen an sich erzählt hat. Da ich doch schon die eine oder andere Brauerei besucht habe, war das Meiste für mich nicht allzu neu, aber ich konnte bein Fragen immer mit meinem Wissen angeben. 😉 Wir kamen auch zu einer Station, an der die Zutaten des Bieres standen. Da sich die Brauerei sogar an das deutsche Reinheitsgebot hält, waren das also nur Wasser, Hopfen und Malz. Dann wurde ein bisschen was über den Brauprozess erzählt und die Zutaten rumgegeben. Der Guide hat erzählt, dass er bei seiner “Taufe”, bei der er vom Braumeister in die Steamwhistle-Familie eingeführt wurde (ich habe da irgendwie echt nur junge Leute arbeiten sehen und die schienen alle ne Menge Spaß zu haben – okay ist ja auch ne Brauerei – sodass man sich wirklich sowas wie eine Familie vorstellen konnte) einige Hopfenpellets (so komische getrocknete Hopfendinger) essen musste. Ein Pellet enthält dabei genug Bitterstoffe für eine Flasche Bier. Er meinte dann, die mutigen könnten ruhig mal eins probieren. Es haben alle nur dran gerochen und es dann weitergegeben, aber dann kam das Glas zu mir… Die Mischung aus 30-Grad-Celsius , einige-Bierchen-intus, einer-muss-es-ja-machen und hey-ich-bin-Deutscher-und-sowieso-der-Geilste hat mich dann dazu verleitet, mir son Teil in den Mund zu stecken. Alter Schwede! Das Zeug riecht ja schon mega unangenehm, aber probieren ist nochmal ein ganz anderer Sport. Das Zeug ist so unfassbar bitter und saugt einem irgendwie augenblicklich sämtlichen Speichel aus jedem Winkel des Mundes, sodass man dann mit nem Mund voller halbwegs trockener, widerlicher Pampe darsteht und echt nicht mehr weiß wohin damit. Riesen Spaß – was ham wir gelacht… Naja zumindest alle anderen. Zum Glück stand da ein Wasserspender, also habe ich mir erst mal nen Becher genommen und nachgespült. Fehler! Jetzt hat sich der Geschmack endgültig im ganzen Mund verteilt und Runterschlucken kam schon mal gar nicht mehr in Frage. Also Wasser samt Hopfen zurück in den Becher. Sah nicht lecker aus. Ich hab das fast fertige Bier (fehlt ja eigentlich nur Malz) dann im schönen, durchsichtigen Becher auf den Zutatentisch gestellt und der Guide meinte dann, das würde schon wer wegmachen… 😀

Der Rest war eigentlich ne ganz normale, wenn auch sehr witzige, Brauereiführung. Die Brauerei ist ziemlich klein und familiär, aber es gab doch noch einige interessante Fakten. Zum Beispiel sind die Flaschen 30 % dicker, was der Guide daran veranschaulicht hat, dass er eine leere Flasche auf ein Geländer geschlagen hat und diese nicht zerbrochen ist. Deswegen ist die Brauerei auch sehr darauf bedacht, ihre Flaschen zurückzubekommen. Die haben auch eine Recyclingquote von 85 %. Auérdem haben die ein cooles Angebot für private Parties: Wenn man ein 50 Liter Fass bestellt, bringen die einem alles, was man zum Zapfen usw. braucht vorbei und holen das am nächsten Tag, wenn man noch völlig zerstört irgendwo in der Ecke liegt, auch alles wieder ab.

Nach der Führung gab es dann auch wieder ein Bierchen und ich habe mich noch ein bisschen mit zwei Typen aus Chicago unterhalten. Irgendwann war es dann auch schon 14:30 Uhr und ich dachte mir, dass es langsam vielleicht doch mal Zeit wäre zum Flughafen aufzubrechen, weil ich doch noch irgendwo im Hinterkopf hatte, dass der gar nicht mal so nah an der Stadt ist. Als ich dann aus der Brauerei raus kam, hat mich echt der Schlag getroffen. Es war immernoch sau heiß und die Bierchen zeigten schon einigermaßen ihre Wirkung. So ganz nüchtern war ich schon nicht mehr. Zu Fuß und mit dem Bus habe ich dann auch nochmal 30 Minuten bis zum Hostel gebraucht. Dort habe ich dann meine Klamotten abgeholt und gefragt, wie lange ich zum Flughafen brauche. Das Mädel von der Rezeption meinte, dass ich mindestens ne Stunde brauchen würde und fragte, wann denn mein Flug geht. Ich sagte um 17 Uhr und da hat sie mich schon ein bisschen verwundert angeguckt. Kurzer Blick auf die Uhr: Kurz nach drei, müsste passen.

Ich habe mich dann also schnellen Schrittes auf den Weg zur nächsten Bushaltestelle gemacht und muss echt mal sagen: Die Kombination aus Hitze, Alkohol und Hetzerei ist wirklich nicht angenehm. Glücklicherweise habe ich bei jedem Umsteigen direkt den nächsten Bus bzw. die nächste U-Bahn erwischt, sodass ich es tatsächlich um ca. 16:15 Uhr zum Check-In-Schalter geschafft habe. Da ich bereits online eingecheckt hatte, wollte ich mir eigentlich nur noch schnell meine Bordkarte am Automaten ausdrucken und mein Gepäck abgeben, aber der Automat meinte, ein Check-In für diesen Flug sei nicht möglich. Da hab ich dann doch mal einen leichten Anflug von Panik bekommen und bin zu einer Mitarbeiterin gegangen und habe gefragt, warum ich meine Bordkarte nicht ausdrucken kann, die wusste das aber auch nicht und hat mich weitergeschickt. Die nächste Mitarbeiterin meinte, dass gerade Reperaturen an der Maschine vorgenommen oder diese ausgetauscht würde und man deshalb am Automaten momentan keine Bordkarten ausdrücken konnte. Am Check-In-Schalter hatte sich eine lange Schlange gebildet, da auch andere Flüge eingecheckt wurden. Ich habe der freundlichen Mitarbeiterin dann erklärt, dass die Zeit langsam doch ein bisschen knapp wird und wurde dann auch erstmal and er kompletten Schlange vorbeigewunken und an einem eigenen Check-In-Schalter bedient. Dort habe ich dann mein Gepäck abgegeben und meine Bordkarte bekommen. Bei der Sicherheitskontrolle wurde dann natürlich auch noch ausgerechnet ich rausgepickt und mit so nem Teil abgerieben, was einen auf Sprengstoff untersucht, aber sonst ging alles recht zügig und ich erreichte mein Gate sogar noch vor dem Boarding.

Trotz der Probleme mit dem Flugzeug sind wir halbwegs pünktlich gestartet. An Bord hatte ich echt Glück. Ich hatte bereits beim online check-in habe ich einen Platz am Notausgang gebucht und der Platz neben mir blieb sogar noch frei. Die Beinfreiheit am Notausgang war bei der Maschine echt enorm. Ich konnte mich richtig ausstrecken. Einziger Nachteil ist, dass es am Notausgang zieht und ein bisschen kalt ist, aber auf längeren Flügen bekommt man ja Decken. Der Flug war mal wieder sehr ruhig und angenehm und wir sind pünktlich in Vancouver gelandet.

Vom Flughafen aus habe ich den Zug in die Innenstadt genommen und unser Hostel lag auch nur drei Blocks von der Haltestelle entfernt. Beim Einchecken ins Hostel habe ich gefragt, ob es irgendwelche Ecken gibt, in die man besser nicht geht und die Dame an der Rezeption warnte mich eindringlich davor, weiter nach Osten zu gehen. Dort schloss sich nämlich Vancouvers Drogenviertel an, in dem es massive Probleme mit Heroinabhängigen gibt. Angeblich sieht man dort Leute, die sich auf der Straße Spritzen setzen. Wir haben uns dann eher nach Westen orientiert.

Nachdem ich eingecheckt hatte, habe ich Tobi auf dem Zimmer getroffen. Der hatte seit 24 Stunden nicht geschlafen und sah aus wie Scheiße (noch mehr als sonst). Da es aber erst ca. 19:30 war, haben wir beschlossen, erstmal einen Burger zu essen. Praktischerweise hatte das Hostel noch einen Pub/Restaurant angeschlossen und das Essen sah echt gut aus. Wir haben also noch nen Burger gegessen und zwei Pitcher Bier getrunken und sind dann schlafen gegangen.

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