Revelstoke – Tag 2

Heute wollten wir die erste richtige Wanderung unternehmen.


Nach einer guten Nacht im Zelt sind wir erstmal fürs Frühstück einkaufen gefahren. Es gab ganz amerikanisch: Rührei mit Speck und dazu Körnerbrötchen. Im Gegensatz zu anderem Essen haben wir Rührei mit Speck mittlerweile echt drauf. Dazu noch einen viel zu süßen Kakao aus der Tüte: Herz was willst du mehr.

Nach unseren harten Wandererfahrungen am Ben Lommond in Schottland (an dieser Stelle nochmal einen besonderen Gruß an Michael) haben wir uns diesmal sogar entsprechend auf die Wanderung vorbereitet und einen genügend großen Vorrat an Schoko-Müsliriegeln (es gab leider keine Walker Schokokekse, die zum Wandern einfach die geilsten sind), Cola und Wasser ein.

In Revelstoke fängt der Bereich der Nationalparks mit dem Revelstoke National Park an. Anders als Provincial Parks kosten Nationalparks Eintritt. Da wir im Laufe unserer Reise ja noch einige weitere Nationalparks besuchen wollten, haben wir uns von dem netten, älteren Herrn im Kassenhäuschen am Eingang des Parks vorrechnen lassen, dass es billiger käme, sich zwei Jahreskarten für die Nationalparks zu kaufen. Diese kosteten 67,50 $ pro Stück. Sie werden unterschrieben und dann einfach an den Rückspiegel des Autos gehängt. Nachdem wir die Tickets gerade gekauft hatten weiterfahren wollten, fiel mir zum Glück ein, dass wir auf dem Campingplatz noch gar nicht verlängert hatten, also zurück, verlängern und wieder zum Park.

Die Wanderungen im Revelstoke NP (NP = National Park) starten alle vom Gipfelplateau in ca. 2000 Metern Höhe. Bis einen Kilometer unterhalb des Gipfels kann man glücklicherweise wieder mit dem Auto fahren und von dort die letzten paar Höhenmeter entweder auf einem 1 km langen Wanderweg oder mit einem Shuttle Bus zurücklegen. Bereits auf der serpentinenreichen Straße zum Gipfel hat man einen grandiosen Ausblick auf Revelstoke und die umliegenden Berge. Den Weg zum Gipfel haben wir dann sogar auf dem Wanderweg zurückgelegt.

Am Eingang des Nationalparks erhält man auch eine Wanderkarte, auf der die verschiedenen Wanderungen eingezeichnet und nach Schwierigkeit geordnet sind. Es gibt leichte (grün), mittelschwere (blau) und schwere – bzw. für uns wahrscheinlich tödliche (schwarz) Wanderungen. Praktischerweise ist auch immer die Länge und – noch wichtiger – die zu überwindende Höhendifferenz mit angegeben. Daraus kann der findige Mathematiker dann natürlich auch die durchschnittliche Steigung errechnen (Hausaufgabe an alle) und wenn man dann auf 20 % durchschnittliche Steigung kommt überlegt man sich doch mehrmals, ob man diese Wanderung wirklich machen will.

Zuerst wollten wir eine 30-minütige Kurzwanderung machen, aber irgendwie haben wir den falschen Weg genommen und sind auf einer sehr kleinen Route gelandet, die an einem absolut grandionsen Aussichtspunkt und einem alten Turm zur Waldbrandüberwachung vorbeiführte und waren nach ca. zehn Minuten reiner Wanderzeit schon wieder am Parkplatz. Wir sind zwar ziemliche Tiere was das Wandern angeht, aber das erschien uns dann doch etwas unrealistisch. Nach kurzer Suche haben wir dann auch den richtigen, fett ausgeschilderten, Wanderweg gefunden. Dieser “Meadows in the Sky” Weg führt über hochalpine Blumenwiesen hin zur sogenannten “Icebox”, einer Felsspalte, die auch im Sommer noch vereist ist. Man soll zwar nicht von den Trails abweichen, aber wir als Rebellen sind dann doch in der Icebox rumgeklettert. Ziemlich enttäuschend. Irgendwie war nicht mehr so allzu viel Eis übrig (siehe Fotos). Das einzig Gute war, dass es in der Felsspalte doch deutlich kühler war.

Cool war aber auf jeden Fall eine Felsformation in der Nähe, auf der wir herumgeklettert sind und auch ein paar nette Fotos vor dem Bergpanorama gemacht haben. Danach führte der Wanderweg zurück zum Gipfelplateau. Nach dieser kleinen Wanderung wollten wir noch eine richtige Wanderung machen und entschieden uns, zum Eva Lake zu wandern. Diese Wanderung war 12 Kilometer lang (leider kein Rundweg, sondern 6 km hin und wieder zurück) und man hatte dabei eine Höhendifferenz von ca. 380 Metern zu überwinden. Das klang doch schon mal ganz machbar.

Der Wanderweg war echt cool und führte durch verschiedenes Gelände. Auch hier wurde wieder überall darauf hingewiesen, dass es Bären gibt und ich muss sagen, dass ich mir auch genau so den Lebensraum von Bären vorstelle: Dichte Wälder an Berghängen, die von Lichtungen und Wasserläufen durchzogen sind. Trotzdem hatten wir nicht das Glück, einen Bären zu sehen. Wenn es tagsüber so warm ist, ziehen die sich auch eher in die Wälder zurück und schlafen tagsüber bis es abends abkühlt. Klingt doch auch eigentlich sehr vernünftig. Wir kamen auf dem Weg auch wieder an einem Wasserfall vorbei, unterhalb dessen man am Bach seine Trinkflaschen wieder mit Bergquellwasser füllen konnte (frischer kann man´s wohl kaum kriegen). Danach ging es auch noch über einen steinigen Abschnitt, an dem man Geröll sehen konnte, dass sich über die Bergflanke erstreckte.

Dann waren wir am Eva Lake angekommen. Bei dem See handelt es sich um einen wirklich schönen Bergsee, an dessen Ufern sogar noch Eis zu finden war. Das Wasser war kristallklar und nach der Wanderung hatten wir Lust in den See zu springen. Das Eis am Ufer war bereits ein Hinweis darauf, dass das Wasser höchstwahrscheinlich nicht gerade warm ist und das war es dann auch nicht. Mit anderen Worten: Es war einfach saukalt. Danach haben wir uns ein bisschen von der Sonne trocknen lassen und sind dann weitergegangen. Am See gibt es eine Hütte, in der man eine Pause machen kann und sogar einen Campingplatz in der Wildnis (natürlich ohne fließend Wasser). Wir haben ein südafrikanisches Paar getroffen, das mit seinen Kindern in Kanada lebt und dort am campen war. Respekt! Ich hätte keinen Bock die ganzen Sachen da hochzuschleppen. Wir haben dann einmal den See umrundet und noch darüber nachgedacht, über eine Moräne noch höher auf den Berg zu klettern, aber das hätte doch einiges an Zeit erfordert und es war schon nicht mehr allzu früh und da wir keine Lampen dabei hatten wollten wir den Parkplatz schon gerne vor Einbruch der Dunkelheit erreichen, also haben wir uns auf den Rückweg gemacht. Nach kurzer Zeit kamen wir an eine Kreuzung, an der ein Wegweiser stand, der irgendwie auf dem Hinweg noch nicht da war und wir wussten nicht genau, wohin wir gehen mussten. Sinnvollerweise hatten wir auch die Karte nicht dabei. Es war noch ein anderer See ausgeschildert, aber ich war mir ziemlich sicher, dass die Route nicht dort vorbeiführte. Da es aber nur 400 Meter bis zu dem See waren, machten wir einen Abstecher dorthin.

Der See war in etwa genau so groß wie der Eva Lake, aber nicht so schön. Wir haben dort eine Gruppe Schweizer gesehen, die auch am baden waren. Wir haben nur ein paar Fotos gemacht und sind dann umgedreht. Am Wegweiser sind wir dann in die letzte, verbliebene Richtung gegangen, was dann ja quasi die richtige sein musste. Auf dem Rückweg wurden wir während einer kurzen Pause dann von den Schweizern überholt und dabei mussten wir feststellen, dass die doch irgendwie Heimvorteil in den Bergen haben. Die haben dann doch ein etwas anderes Tempo vorgelegt. Kaum hatte man sich einmal umgedreht, waren sie auch schon hinter der nächsten Ecke verschwunden. Wir sind dann in unserem Tempo zurückgegangen und haben wieder keinen Bären gesehen, obwohl Tobi auf dem Rückweg zweimal vor Schreck ganzkörpermäßig zusammengezuckt ist: Einmal war´s ein Baumstumpf und das andere mal ein Vogel…

Auf dem Rückweg scheuerten meine Wanderschuhe auch irgendwie und ich musste nach der Wanderung feststellen, dass ich mir offene Wunden an der Ferse und den kleinen Zehen gelaufen hatte.

Als wir das Gipfelplateau erreichten, fuhr auch schon kein Shuttle Bus mehr und wir mussten den letzten Kilometer zum Auto auch noch latschen, dieses mal allerdings auf der Teerstraße, da wir auf den Wanderweg keinen Bock mehr hatten. Uns kam noch eine indische Familie entgegen, die uns fragte, ob sich der Aufstieg lohnt und auch ein Mountainbiker, der sich den Berg hochgekämpft hatte – meinen größten Respekt dafür.

Bis wir am Auto unsere Sachen ausgepackt und unsere normalen Schuhe wieder angezogen hatten, hatte sich der Radler auch schon an die Abfahrt gemacht und wir haben ihn mit dem Auto eingeholt. Der hatte mal lockere 60 km/h drauf, na dann viel Spaß, wenn man sich mal ablegt…

Als wir wieder am Zeltplatz angekommen waren, sind wir aus dem Auto gestiegen wie zwei 100 jährige und mussten feststellen, dass uns die Wanderung doch in jedem Knochen und jedem Muskel saß. Deshalb und aufgrund meiner aufgeschürften Stellen beschlossen wir, den nächsten Tag etwas ruhiger anzugehen.

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